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75 Jahre Grundgesetz

Liebe Schülerinnen und Schüler, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werte Eltern,

heute, am 23. Mai 1949, wurde mit der Unterzeichnung des Grundgesetzes durch den Parlamentarischen Rat und mit dessen Annahme durch die West-Alliierten Frankreich, Großbritannien und Vereinigte Staaten von Amerika aus den drei Westzonen die Bundesrepublik Deutschland gegründet. Vier Jahre nach Ende des von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkrieges und der Herrschaft der Nationalsozialisten in Deutschland, die Millionen Menschen unter der Mitwirkung fast der gesamten deutschen Bevölkerung mit ihren Menschenrechtsverbrechen Tod und Leid zugefügt hatten, erhielten wir, die Deutschen, in den West-Zonen mit dieser Staatsgründung und dem Grundgesetz die Chance, in den Kreis der zivilisierten und demokratischen Völker der Weltgemeinschaft wieder aufgenommen zu werden. Die Sowjetunion hatte den Vertretern aus ihrer Besatzungszone die Teilnahme am Parlamentarischen Rat untersagt. Hier wurde am 07. Oktober mit der DDR ein Staat nach sowjetischem Vorbild gegründet. Seit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 03. Oktober 1990 gilt das in ganz Deutschland und für alle in ihm lebenden Menschen.

Der 23. Mai ist daher, wie der 08. Mai, ein Gedenktag der Freude, ein echter Feiertag für jede/n Deutsche/n. Symbolisiert der 08. Mai die Befreiung unseres Landes und Volkes von der nationalsozialistischen Diktatur durch andere Völker, so ist der 23. Mai der Tag, an dem wir Deutschen durch das aktive Geben und Annehmen einer demokratischen und im wahrsten Sinne des Wortes freiheitlichen Werte- und Grundordnung im Grundgesetz uns und der Weltgemeinschaft zeigen, dass (Menschen)recht, Demokratie und Freiheit auch in unserem Land die Grundlage des gesellschaftlichen Miteinanders bilden und von uns gelebt werden.

Das Grundgesetz besticht durch seine Schlichtheit in Sprache und Inhalt. Es verspricht nichts, was es nicht halten kann und beinhaltet doch alles was eine demokratische, rechtsstaatliche und in allen Belangen freie Gesellschaft ausmacht. Die in den ersten 19 Artikeln festgelegten Grundrechte bilden die Grundlage und den (Rechts)rahmen unseres Zusammenlebens. 

Bereits der erste Absatz von Artikel 1 GG legt das Wesen unseres Staates und seine wichtigste Aufgabe unabänderlich fest: “Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.” Einfach, klar, verständlich und unmissverständlich in Wort und Inhalt. Ein fast schon sprachliches Meisterwerk größter Wirkung. Mich berührt dieser Satz tief im Innern immer wieder beim Lesen.

Aber Artikel 1 weist nicht nur dem Staat seine Aufgabe unmissverständlich zu. Im zweiten Absatz werden wir Deutschen als Volk und Gemeinschaft auf die Grundlagen unseres Handelns verpflichtet. Hier heißt es: “Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.” Deutlich und eindrücklich werden wir hier in die Pflicht genommen, unser Zusammenleben und Wirken an diesen Vorgaben aktiv auszurichten und für diese einzutreten. Auch dies ein Grund zur Freude, wird uns doch hier ganz deutlich unsere Eigenverantwortung benannt.

Im 3. Absatz Artikel 1 GG heißt es: “Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.” Hier wird deutlich, dass wir in einem in allen seinen Bewohnern alle Freiheiten zubilligenden Land leben, da die in den nachfolgenden Artikeln benannten Freiheitsrechte Grundrechte sind, die für die drei staatlichen Gewalten (Legislative, Exekutive und Judikative) bindend sind und von ihnen nicht eingeschränkt werden dürfen. 

Darunter sind die persönliche Freiheit, die Gleichheit vor dem Gesetz, Glaubens- und Gewissensfreiheit, Meinungsfreiheit und Freiheiten diese auszudrücken, Kinder-, Familien- und Eherechte, Schule, Versammlungsfreiheit, das Recht den Wohnort und Beruf auszuwählen, die Unverletzlichkeit der Wohnung, das Recht auf Eigentum und das Recht auf Asyl um einige zu nennen.

All diese im Grundgesetz garantierten Grundrechte gewähren jeder und jedem von uns die Möglichkeit, ein selbstbestimmtes eigenständiges Leben auf Grundlage unserer eigenen Person und Veranlagungen zu führen. Gleichzeitig gebieten dieselben Grundrechte uns, die Rechte aller anderen Menschen in unserem Land als gleichberechtigt anzuerkennen, für sie einzutreten und zu schützen.

All dies macht das Grundgesetz zu einer alterslosen, stets aktuellen und tollen Verfassung, die wir heute feiern wollen und für deren Werte wir uns stets einsetzen sollen.

Marcus Krettek, OStD
(Schulleiter)