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Ein Abschied, der schwerfällt 

– Tausend Dank, Herr Mastel –

Seit ziemlich genau einem Jahr engagiert sich das Scharnhorstgymnasium intensiv, den zugewanderten ukrainischen Schülerinnen und Schülern eine realistische Möglichkeit zu bieten, sich in ein anderes Land, eine fremde Kultur, eine neue Sprache sowie ein neues Schulsystem zu integrieren.

Viele Ehrenamtliche, Freiwillige und besonders das Bildungsbüro in Person von Herrn Mastel haben dazu beigetragen, dass ein Pilotprojekt entstanden ist, das sich sehen lassen kann!

Die Ukrainer und Ukrainerinnen gehen am SHG an zwei Tagen pro Woche in ihre Stammklassen, um Zeit mit ihren neuen deutschen Klassenkameradinnen und -kameraden zu verbringen und um das Schulsystem langsam kennenzulernen. An den verbleibenden drei Tagen erhalten sie sechs Stunden pro Tag DaZ-Unterricht, der sie auf die „GER-B1-Prüfung Deutsch” vorbereitet. Erst nach Abschluss eines GER-B1-Examens können die ukrainischen Schülerinnen und Schüler realistisch in das deutsche Schulsystem integriert werden, da die Verständigung über eine Brückensprache wie Englisch davor in nahezu allen Fällen unmöglich ist.

Die jeweils 18 Stunden DaZ-Unterricht der beiden DaZ-Lerngruppen auf GER-A1- bzw. GER-A2-/GER-B1-Niveau wurden seit April 2022 von Herrn Mastel erteilt. Er hat sich 36 Stunden pro Woche im Unterricht und viele weitere Stunden pro Woche nach dem Unterricht und zu Hause für seine 53 Schülerinnen und Schüler am Scharnhorstgymnasium engagiert.

Es gab 6 Stunden pro Tag Lesen, Schreiben, Sprechen, Grammatik- und Wortschatz-Unterricht. Dabei hat Herr Mastel den Klassenraum in ein wunderschönes, riesiges Lernlabor verwandelt. Er hat Vokabeltests schreiben lassen und korrigiert, Testformate trainiert, Elternabende und Elternsprechtage abgehalten und war privat für alle Familien da, um mit Behördengängen, Wohnungssuche, Arztterminen oder anderen praktischen Lebenstipps zu helfen. Er ist auf Klassenfahrt gefahren, hat im Nachmittagsbereich den Austausch zwischen deutschen Scharnhorstlern und ukrainischen Scharnhorstlern durch Gesprächsangebote, Ausflüge, gemeinsames Kochen oder Backen unterstützt. Somit war er für alle Schülerinnen und Schüler, Eltern und auch für uns als Schule da. Wenn jemand mit vollem Einsatz aller persönlichen Ressourcen deutlich gemacht hat, wie es gehen kann, Menschen in einem Land willkommen zu heißen, dann ist es Herr Mastel.

Herr Mastels Klasse

Wir können dir, lieber Thomas, für deinen persönlichen Einsatz, deine Kompetenz, deinen Arbeitswillen sowie dein Organisationstalent nicht genug danken. Du hast dich in Windeseile in das System Schule eingearbeitet und hast zuverlässig, wie ein Fels in der Brandung, alle Widrigkeiten mit Bravour gemeistert. Uns allen, aber besonders den Ukrainerinnen und Ukrainern, mit denen du zu einer echten Klasse zusammengewachsen und für die du ein kleines Stück neue Heimat geworden bist, bricht es das Herz, dass du das Projekt mittendrin verlassen musst. Nicht nur die 53 ukrainischen Scharnhorstler werden dich schmerzlich vermissen, sondern auch alle weiteren ukrainischen Flüchtlingskinder an Hildesheimer Gymnasien, für die du ebenfalls DaZ-Unterricht an ihren Schulen möglich gemacht hast. Ohne dich hätten 120 Ukrainerinnen und Ukrainer im Raum Hildesheim – nach den Leiden der Vertreibung – täglich sechs Stunden in einem Unterricht sitzen müssen, dem sie aus sprachlichen Gründen inhaltlich nicht folgen können. Sie hätten nicht zielführend Deutsch gelernt und ihre Möglichkeit, sich in diese Gesellschaft zu integrieren, wäre damit gravierend beschnitten gewesen; besonders da es im Raum Hildesheim keine DaZ-Kurse für Jugendliche unter 18 Jahren gibt. Ein Land, dass dringend auf neue Arbeitskräfte angewiesen ist, kann von dir etwas über Willkommenskultur lernen.

Die Sommerschule, die du letztes Jahr hier in Hildesheim für knapp 400 ukrainische Flüchtlingskinder organisiert hast, war ebenfalls ein großer Erfolg, an den, so wie es aussieht, niemand anknüpfen wird. Es bräuchte in diesem Land mehr Menschen wie dich, die Notsituationen erkennen, erfassen und beheben und somit formulierte humanistische sowie politische Ziele aktiv umsetzen. Möge die Zukunft mit dir genauso liebevoll und bedacht umgehen, wie du mit ihr. Wir wünschen dir alles erdenklich Gute.

Text: M. Maack